Geschichte der Grundherrschaft Wolfpassing

Die Form des Namens nach zu schließen, ist Wolfpassing vor dem Jahre 1100 gegründet worden. Der Name leitet sich ab von Wolfpaizer (paizen-erschlagen) und bedeutet etwa die Leute beim Wolfschlager. Eine andere Interpretation meint der Name leite sich vom althochdeutschen Wort Wolfpizo=Wolfbeißer her.
Die frühen Nachrichten über Wolfpassing sind sehr spärlich. Außerdem sind die frühesten Nennungen eines Geschlechtes der Wolfpassinger, wie 1150 Aribo von Wolfpazzinge wohl auf ein anderes niederösterreichisches Wolfpassing zu beziehen. Eindeutig auf unser Wolfpassing bezieht sich die Nennung im landesfürstlichen Güterverzeichnis aus den Jahren 1260/80, das aber einen älteren Zustand wiedergibt. Der Landesfürst besaß damals im Dorf eine Hofstatt als geistliches (sicherlich regensburgisches) Lehen. Die Schreibweise des Ortes lautet dabei Wolfpazing und Wolfpaizingen. Das Hochstift Regensburg gab in Wolfpassing vier bis sechs Häuser zu Lehen.
Es dürfte in Wolfpassing erst verhältnismäßig spät eine Burg entstanden sein. Trotzdem ist ein altes Herrschaftszentrum anzunehmen, da sich der Grundbesitz der Wolfpassinger Häuser nahe an Steinakirchen und Ernegg heranschob und abgesehen von den wenigen Regensburger Häusern einen geschlossenen Block bildete. Die frühen Besitzer von Wolfpassing sind aber unbekannt. Unwahrscheinlich ist die Ansicht, daß es von den Herren von Wolfpassing an der Hausleiten gegründet worden ist. Wolfpassing liegt im Altsiedelgebiet und ist wohl älter als das am Wagram. Es werden auch die Eberdorfer und Polheimer als Besitzer von Wolfpassing angeführt. Diese waren wohl an der Hausleiten, niemals aber an der Erlauf begütert. Für Wolfpassing sind weder Belehnungen durch den Landesfürsten noch durch das Hochstift Regensburg bekannt. Es wurde immer frei weitervererbt und weiterverkauft. Häufig wird es in Verbindung mit Weichselbauch und Wocking genannt.

 

Das erste bekannte Geschlecht auf Wolfpassing sind die Wolfsteiner. Sie stammen nach Keiblinger von der Feste Wolfstein bei St. Martin im Mühlkreis. Vielleicht aber saßen sie in Kleinwolfstein auf der Neustadtler Platte, da sie im 14. Jahrhundert dort Besitzungen hatten, die bis ins Ybbsfeld herunterreichten. Die Grundherrschaft hatte bis ins 19. Jahrhundert dort Besitzungen (Viehdorfer Amt und Langscheider Amt). Erstmals im Zusammenhang mit der Pfarre Steinakirchen wurden die Wolfsteiner im Jahre 1291 genannt. Reicher der Wolfstein war Zeuge bei der Pfarrerhebung von Reinsberg. Von Attacher Wolfstein kann schon sicher angenommen werden, dass er Wolfpassing besaß. Er wird ab 1342 genannt. 1353 ist er Zeuge bei einer Stiftung zur Pfarrkirche Steinakirchen, 1356 wird er als Burggraf von Ernegg angeführt, 1357 trat er wieder bei einem Vertrag mit dem Kloster Mondsee in Erscheinung, den auch Pfarrer Niklas von Steinakirchen siegelte. 1363 wird er erstmals Burggraf von Peilstein genannt und stiftete 1370 eine Kapelle in der Pfarrkirche Steinakirchen, die zum Erbbegräbnis der Wolfsteiner wurde. Er selbst wurde ebenfalls darinnen begraben. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass er, aber vielleicht auch schon seine Vorfahren Wolfpassing mit den dazugehörigen Gütern besaß. Möglicherweise war also schon Teicher der Wolfstein 1291 Herr von Wolfpassing. Ab 1368 tritt Otacher als Wallseer Gefolgsmann auf. Zuletzt wird er 1380 genannt.

Sein Sohn Gilig wird erstmals 1381 genannt und erscheint 1391 ausdrücklich als Besitzer von Wolfpassing. In diesem Jahr pfändete ihm Alber von Zelking das Dorf Wolfpassing, ebenso pfändete ihm 1394 Ulrich von Zelking Weichselbach das Dorf Wolfpassing und alle anderen Güter. 1391 wurde er auch mit den Regensburger Lehen zu Wolfpassing und Umgebung belehnt. 1416 hatte er auch verschiedene Zehente vom Kloster Mondsee inne, darunter den kleinen Zehent im Dorf Wolfpassing. Gilig war zeitweilig Unterlandmarschall in Österreich unter der Enns und starb 1422 und liegt in Steinakirchen begraben.
Sein Sohn Otacher der Jüngere wrude von Herzog Albrecht V. 1423 mit den väterlichen Gütern belehnt. In diesem Belehnungsbrief werden in der Steinakirchner Pfarre nur einige Metzen Marchfutter im Ochsenbach und Felberach angeführt, nicht aber Wolfpassing, das offensichtlich nicht vom Landesfürsten verliehen wurde. Otacher starb 1431 zu Olmütz in den Hussitenkriegen. Auf ihn folgte sein noch minderjähriger Sohn Gilig.
Der machte eine Stiftung zur Wolfensteinerkapelle in Steinakirchen, war aber mit dem Regensburger Bischof zerstritten, weswegen er ihm Abbitte leisten musste. Gillig war auch Pfleger zu Purgstall und besaß neben Wolfpassing von seinem Vater auch die Burg Klamm in Oberösterreich und ist vor 1455 verstorben.
Sein Sohn Wolfgang besaß Wolfpassing und Weichselbach uns ist vor 1480 gestorben. Er hinterließ keine männlichen Erben. Seine Tochter Margaretha heiratete 1480 den aus Krain kommenden Volkhard von Auersperg und brachte ihm Weichselbach, Wolfpassing, Wocking und andere Güter in die Ehe. Der Wolfsteiner Besitz wurde so zum Sprungbrett der Auersperg für ihre spätere Bedeutung in Österreich.

Volkhard kaufte 1492 von den Wallseern Purgstall dazu, das dann durch Jahrhunderte das Zentrum der späteren Freiherren und Grafen von Auersperg bildete. Volkhard starb 1508 und wurde in Purgstall begraben. Ihm folgte 1511 – 1541 sein Sohn Sigismund auf Purgstall, Weichselbach und Wolfpassing. Dessen Sohn Sigmund Niklas hatte bis 1568 diese Herrschaft inne, trat aber 1568 in einem Erbvertrag Wolfpassing und Weichselbach an seinen Bruder Volkhard II. ab. Seine Frau Elisabeth von Hofkirchen brachte ihm Mainburg und Waasen an der Pielach in die Ehe. 1573 wurde er in den Freiherrnstand und im gleichen Jahr in den Herrenstand aufgenommen. 1578 kaufte er die Feste Peilstein mit dem Markt St. Leonhard am Forst. Volkhard starb 1591 und liegt in Purgstall begraben, wo er sich in der pfarrkirche ein großartiges Grabmahl errichten ließ. Er war der bedeutendste Besitzer von Wolfpassing.
Von Volkhards Kindern überlebte nur Anna Sabina, die zunächst das väterliche Erbe übernahm. 1609 heiratete sie Wilhelm von Hofkirchen auf Kollmitz und Drösidl. Wilhelm war Protestant und Delegierter der protestantischen Stände in Horn in den Jahren 1616 und 1619. Da er mit den böhmischen Rebellen im Einverständnis war, wurde er als Rebell erklärt und seine Güter 1620 konfisiziert; doch bereits 1621 wurden Weichselbach und Wolfpassing an seine Gemahlin und ihre Kinder wieder herausgegeben. Seine Witwe Anna Sabina starb 1627, doch blieb das Gut Wolfpassing bis 1635 auf ihren Namen geschrieben. Es wurde von ihren Söhnen Wolfgang Volkhard und Wenzel Wilhelm verwaltet, wobei letzterer als Besitzer galt. Wenzel Wilhelm wurde 1627 niederösterreichischer Regierungsrat, verkaufte aber 1635 Wolfpassing an Sigmund Adam von Traun. Er selbst begann das Studium der katholischen Theologie, wurde Weltpriester in Salzburg und erlangte eine Reihe ansehnlicher Pfründen. Am 20 Februar wurde er zum Bischof von Seckau ernannt und erhielt am 17. August 1670 die Bischofsweihe in Salzbrug. Er starb am 6. November 1679 als Fürstbischof von Seckau und Generalvikar für die Steiermark und das Dekanat Wiener Neustadt.

Im Jahre 1635 hatte Sigmund Adam von Traun auf Maissau, Braunsberg und Heidenreichstein die Feste Wolfpassing mi den behausten Gütern in Wolfpassing, Zarnsdorf und anderen Pfarren, insgesamt 117 Häuser, von den Hofkirchen gekauft.
Auch die Concin auf Weichselbach erhoben auf Wolfpassing Anspruch und führten es in ihrem Titel. Maria Ursula von Concin, Tochter des Ferdinand von Concin, heiratete Johann Gottfried von Greiffenberg auf Seissenegg. Deren beider Tochter Susanna Ursula von Greiffenberg heiratete Johann Christoph von Adensberg-Traun, der im Jahre 1640 von seinem Vater Sigmund Adam Wolfpassing erhielt. Susanna Ursula von Greiffenberg vermachte ihrem Gemahl eine Hypothek von 35.000 Gulden auf Wolfpassing, die von den Concin herstammte. Damit erklärte sich auch der Anspruch der Concin. Ähnlich ist es mit der Familie Geyer, die sich nach Wolfpassing benannte: sie waren mit den Concin verschwägert.
1652 erbte Susanne Regina von Abensberg-Traun Wolfpassing. Im Jahre 1657 heiratete sie Hanns Ernreich Geymann; ihm und ihren Kindern vermachte sie 1670 testamentarich Wolfpassing. Susanne Regina starb 1675 und ist in Viehdorf begraben worden, ihr Mann starb kurz vor 1690. Im Jahre 1690 folgte deren Sohn Johann Gottfreid Geymann (gestorben 1712), diesem seine Schwester Maria Isabella, die allerdings erst 1720 auf Wolfpassing angeschrieben wurde.
1722 kaufte Leopold Karl von Zinzendorf, der mit Anna Rosina, einer geborenen Zinzendorf und verwitweten Auersperg verheiratet war, die Herrschaft Wolfpassing. 1747 erbte deren Sohn Ernst Ferdinand von Auersperg den Wolfpassinger Besitz. Er besaß seit 1727 auch Perwarth. 1767 folgte Wolf Maximilian, 1784 Johann Josef Franz und 1834 Maximilian von Auersperg, der im selben Jahr Wolfpassing, Wang, Reinsberg und Perwarth an den k.k Parimonialfonds verkaufte.
Von 1834 bis zur Auflösung der Grundherrschaften bildete Wolfpassing den Amtssitz einer Zentralherrschaft, bestehend aus den Herrschaften Wolfpassing, Perwarth, Reinsberg, Wang und dem Gute Steinakirchen, sowie dem Lehenamt Schönegg. Es besaß die Ortsobrigkeit in allen Orten der Pfarre, ausgenommen Ernegg, Edla und Hausberg. Auch nach 1848 blieb es Verwaltungszentrum der vorhin genannten Domänen. Nachdem er es aller Kunstwerke gründlich entledigt hatte, vertauschte Erzherzog Ferdinand das Gut Wolfpassing gegen das Gut Blünbach in Salzburg. Seither ist Wolfpassing Staatsbesitz.

Zusammenfassung der Besitzer:

bis 1480 Wolfstein
1480-1609 Auersperg
1609-1635 Hofkirchen
1635-1657 Abensberg-Traun
1657-1722 Geymann
1722-1747 Zinzendorf
1741-1834 Auersperg
1834-1848 (bzw. 1910) k.k Patrimonialfonds

Der Besitz der Herrschaft Wolfpassing konzentrierte sich im Pfarrbereich auf Wolfpassing und Zarnsdorf, hatte aber auch einigen Streubesitz sowie einige Häuser im Markt Steinakirchen.